Conditio Humana – Wahrheitsgewebe und Lügengewebe
Der Kunstverein Bamberg präsentiert im Kunstraum Kesselhaus die Ausstellung „Conditio Humana – Wahrheitsgewebe und Lügengewebe“.





Die Ausstellung, die vom 21. September bis zum 2. November im Kunstraum Kesselhaus in Bamberg zu sehen ist, steht unter dem Eindruck aktueller gesellschaftlicher Umbrüche und globaler politischer Entwicklungen.
Die Werke der Künstlerinnen und Künstler Teresa Casanueva, CROW und Thomas Michel thematisieren die Fragilität demokratischer Grundwerte und reflektieren die individuelle wie kollektive Auseinandersetzung mit Wahrheit in einer Ära der Desinformation.
Inspiriert von Hannah Arendts philosophischem Konzept der Conditio Humana – den Grundbedingungen menschlicher Existenz – wird der Kunstraum zur interdisziplinären Bühne, auf der sich Kunst, Politik, Philosophie und Medienkritik begegnen. Die Ausstellung greift dabei insbesondere Arendts Gedanken zum politischen Handeln und Denken auf. Sie erinnerte uns daran, dass Totalitarismus nicht in plötzlicher Gewalt beginnt, sondern im Schweigen, im Desinteresse an Wahrheit – und in der freiwilligen Aufgabe des Denkens. Genau hier setzt die Ausstellung an.
Im Zentrum steht die Zeitung als symbolträchtiges Medium: Als Trägerin von Information und Meinung wird sie zum künstlerischen Rohstoff für plastische Objekte, Installationen und performative Setzungen – ein fragiles Gewebe zwischen Aufklärung und Propaganda.
Die drei internationalen Positionen eint ein kritischer Blick auf das Spannungsfeld zwischen individueller Wahrnehmung und gesellschaftlicher Realität:
- Teresa Casanueva (*1963, Havanna; lebt in Berlin) verarbeitet persönliche wie politische Brüche in poetischen Objekten, Zeichnungen und Animationen. In vielen Regionen der Welt – darunter aktuell Kuba, ihr Herkunftsland – bleiben gesellschaftliche Missstände im Dunkeln, weil sie medial nicht verwertbar oder wirtschaftlich nicht profitabel sind. Casanuevas Werke richten ihre Aufmerksamkeit auf diese blinden Flecken. Ihre Arbeiten oszillieren zwischen Figuration und Abstraktion und loten die Grenzen zwischen Sichtbarem und Erinnertem aus. In enger Zusammenarbeit mit der Aktivistin Tania Tasé entstand eine multimediale Arbeit, die von der Realität Kubas und universellen Erfahrungen diktatorischer Regime erzählt.
- CROW (*1970 in Bad Salzungen, lebt in Leipzig) ist ein interdisziplinärer Künstler, der Malerei, Installation, Fotografie, Musik und Poesie zu sinnlich aufgeladenen Erfahrungsräumen verbindet. Seine Arbeiten sind stark vom japanischen Butoh-Tanz beeinflusst und thematisieren Körperlichkeit, Identität sowie die zunehmende Entfremdung des Menschen – von sich selbst, der Natur und der technologisierten Welt. Nach Jahren als Musiker und Aufenthalten in Tokio und Shanghai kehrte er 2020 nach Deutschland zurück. Seit 2024 lehrt er als Professor in China mit Schwerpunkt auf Kunsttherapie, Fotografie und Literatur. Seine Werke zeichnen sich durch melancholische Tiefe, expressive Pinselstriche und eine starke emotionale Präsenz aus. In Performances verknüpft CROWs Poesie, Musik und Bildende Kunst zu multimedialen Erlebnissen.
- Thomas Michel (*1966, Darmstadt; lebt in Bamberg) schlägt in seinen detailreichen Gemälden, Installationen und digitalen Werken eine Brücke von kunsthistorischen Techniken zur gesellschaftlichen Gegenwart. Mit klassischen Maltechniken inszeniert er die Krise der Wahrnehmung im digitalen Zeitalter. Seine Werke reflektieren kritisch über Wahrheit, Macht und mediale Manipulation. Im Zusammenspiel mit KI hinterfragt er das Verhältnis von Musik und Maschine ebenso wie die Zukunft künstlerischer Ausdrucksformen – als Mittel politischer Aufklärung, aber auch als potenzielles Werkzeug totalitärer Propaganda. Ikonen des Fotojournalismus deutet er um, indem er sie malerisch interpretiert oder mit Elementen der Comiczeichnung überlagert, und lädt sie so mit neuen Bedeutungen auf.
Gemeinsam erschaffen die Künstlerinnen und Künstler eine dialogische Ausstellung, die ästhetisch wie intellektuell fordert. Die Zeitung – einst Inbegriff demokratischer Meinungsbildung – wird zur Chiffre für ein zerrissenes Verhältnis zwischen Wahrheit und Lüge: ein „Wahrheitsgewebe“, das von immer neuen Realitäten durchzogen wird.
„Conditio Humana – Wahrheitsgewebe und Lügengewebe“ versteht sich auch als Plädoyer für die Freiheit der Kunst – eine Freiheit, die zunehmend unter Druck gerät: durch ökonomische Interessen, politische Einflussnahme oder ideologische Gleichschaltung. In einer Zeit, in der viele Gesellschaften autoritäre Tendenzen und demokratischen Erosionsprozessen ausgesetzt sind, ist die Verantwortung des Einzelnen – im Sinne Arendts – nicht delegierbar. Es geht nicht darum, vergangene Leitbilder zu kopieren, sondern deren Lehren anzuerkennen, um eigenständig zu handeln. Die Kunst kann und soll dabei Wegmarken setzen – nicht als Anleitung, sondern als Einladung zum Denken.
Kunstverein Bamberg e.V.:
Sylvia Michel, Tel. +49 170 3550612
E-Mail: info@kunstverein-bamberg.de
Web: www.kunstverein-bamberg.de
Ausstellung:
Ort: Kunstraum Kesselhaus
Untere Sandstraße 42 (Eingang Am Leinritt)
96049 Bamberg
Öffnungszeiten: Fr 15–18 Uhr, Sa/So/Feiertage 11–18 Uhr
Eintritt frei
Veranstalter: Kunstverein Bamberg e.V.
Datum - Zeichen
12. September 2025 - 5.173
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Website des Kunstraum Kesselhaus
Website des Kunstverein Bamberg e.V.
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