„Der Ritter und seine Affen“
Mit dieser Sonderschau erwartet Besucher im Naturkundemuseum Bamberg ein ausgefallener naturhistorischer Exkurs:
Satansäffchen, Großkopf-Kapuziner, Schnurrbarttamarin und Zottiger Bäraffe sind nur einige der skurrilen Geschöpfe, die - in Gouachemalerei auf edles Papier gebannt - den Besuchern des Naturkunde-Museums seit Freitag vergangener Woche entgegenblicken. Geschaffen wurden die Werke erst kürzlich von Künstlerhand. Die Vorlagen dazu erbeuteten vor 200 Jahren jedoch zwei mutige fränkische Forschungsreisende in den Urwäldern Brasiliens. Nun wird diese Forschungsreise und deren Ergebnisse im Naturkunde-Museum wieder lebendig!
Lebensgefährliche Expedition
Man schrieb das Jahr 1817, als zwei junge fränkische Naturforscher im Auftrag des bayerischen Königs Maximilian I. Joseph eine abenteuerliche Expedition nach dem fernen Brasilien wagten. Ihre Mission: das fremde Land erkunden sowie Zeugnisse von Natur und Kultur zu sammeln und mit zurück nach München bringen. Johann Baptist Spix, geboren 1781 in Höchstadt an der Aisch und Carl Friedrich Philipp Martius, geboren 1794 in Erlangen, waren die beiden vom König Auserwählten. Fast vier Jahre waren sie in Brasiliens Wildnis unterwegs. Sie hatten keinerlei Erfahrungen in solch abenteuerlichen Unternehmungen, doch sie brannten für ihren Auftrag.
Brasilien war damals ein Stück Erde, dem vielerlei Interessen in der alten Welt entgegengebracht wurden. Auch der ehrwürdige Alexander von Humboldt, der 18 Jahre zuvor seine legendäre Amerikareise antrat, hätte Brasilien gerne erforscht, durfte es jedoch zu seinem großen Bedauern aus politischen Gründen nicht. Für Spix und Martius standen die Zeichen günstiger. Sie durften sich einer österreichischen Brasilien-Expedition anschließen, die anlässlich der bevorstehenden Vermählung der Erzherzogin Leopoldine mit dem späteren Kaiser Dom Pedro I. organisiert worden war. Am 14. Juli 1817 landeten sie nach stürmischer Überfahrt in Rio de Janeiro an. Unabhängig von der österreichischen Expedition durchritten sie zunächst die Savannen und Halbwüsten des Landesinneren, nicht ohne – mangels Landeserfahrung - mehrmals nur knapp dem Verdursten zu entkommen. Doch bald waren die ersten Kisten mit Sammlungsgut gefüllt und in Hafenstädten auf die Reise nach München versendet. Schließlich erreichten Sie bei Belem die Amazonasmündung. Von dort aus fuhren sie den Amazonas stromaufwärts und durchquerten dabei fast den ganzen südamerikanischen Kontinent. Es war eine Reise voller Strapazen und Todesgefahren, bis die beiden im April 1820 nach Belem zurückkehrten. Von dort aus traten sie mitsamt ihrer Unmenge an gesammelten Tier- und Pflanzenpräparaten, Mineralien und ethnographischen Objekten die Rückreise nach Europa an.
Nach ihrer Ankunft zuhause wurden die beiden Naturforscher gebührend gewürdigt und geehrt. König Maximilian erhob sie in den Ritter- und Adelsstand. Der Botaniker Martius wurde später zum Direktor des Botanischen Gartens, der Zoologe Spix zum Direktor der zoologischen Sammlungen des Staates. Beide widmeten sich, trotz Anfechtungen und Kollegenneid, leidenschaftlich der wissenschaftlichen Bearbeitung ihres mitgebrachten Sammlungsguts. Spix blieb dazu jedoch leider nicht mehr viel Zeit, denn im Mai 1826 erlag er einer Tropenkrankheit, die er sich während der Brasilienreise zugezogen hatte. Doch noch zuvor konnte er manche seiner mitgebrachten Schätze wissenschaftlich beschreiben und publizieren; Fische, Schlangen, Fledermäuse und - Affen. Ein Teil dieser Arten war der Wissenschaft seinerzeit noch unbekannt. Nachdem Spix diese wissenschaftlich beschrieben hatte, stiegen sie zu sogenannten „Typusexemplaren“ auf. Nach diesen Präparaten wird eine Tier- oder Pflanzenart eindeutig definiert und von anderen Spezies unterschieden. Noch immer werden Hunderte von Spix`schen Tierpräparaten in der Zoologischen Staatssammlung München aufbewahrt, darunter auch die wissenschaftlich wertvollen Äffchen, die bis heute von Wissenschaftlern zu Vergleichszwecken herangezogen werden.
200 Jahre danach - von Künstlerhand portraitiert
So bleibt das Gedenken an die beiden fränkischen Naturforscher bis in die Gegenwart erhalten. Um dem 200-Jahre-Jubiläum auch in kulturhistorischer Weise Rechnung zu tragen, hat sich eine Gruppe von Künstlern entschlossen, die Spix`schen Äffchen zu porträtieren. Aber nicht geschönt und aufgepeppt, sondern mit all ihren Rissen und Macken, die sich nach 200 Jahren eingestellt hatten, mit all dem skurrilen Charme, der von diesen ausgestopften Tieren ausgeht. Diese rund 40 Portraits waren Kernstück einer Ausstellung zum 200-jährigen Jubiläum der Brasilienreise, die bis September in der Zoologischen Staatssammlung München präsentiert wurde. Sie stellen nicht nur zoologische sondern gleichermaßen kulturhistorische Dokumentationen dar.
Spix und Bamberg
Nun wird diese Schau im Bamberger Naturkunde-Museum gezeigt. Aber nicht nur deshalb, weil die beiden Naturforscher waschechte Franken waren; Johann Baptist Ritter von Spix, wie er sich nach der Ehrerweisung durch König Maximilian nennen durfte, hatte zudem konkrete Bezüge zu Bamberg. Im nahegelegenen Höchstadt an der Aisch geboren, durfte Johann Baptist als begabtes Kind die Domschule in Bamberg besuchen, danach seine Ausbildung im Aufseesianum fortsetzen; ihm war dadurch eigentlich das Priesteramt bestimmt. Doch während seines weiteren Studiums und dem Kontakt mit dem berühmten Naturphilosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, fand er seine Berufung in den Fächern Naturgeschichte und Medizin. Als Doktor der Medizin kehrte er nach Bamberg zurück, um einige Zeit als praktischer Arzt unter dem für Bamberg so bedeutenden Mediziner Adalbert Friedrich Marcus zu arbeiten. Kein Wunder, dass Spix auch das Bamberger Naturalienkabinett, heute Naturkundemuseum, besuchte – also Grund genug für das Bamberger Museumsteam, die Schau „Der Ritter und seine Affen“ in das eigene Haus zu holen. Die Ausstellung ist bis Jahresende zu sehen (Dienstag bis Sonntag von 10-16 Uhr). Infos zu speziellen Führungen erhalten Interessenten telefonisch unter 0951 – 8631249.
Naturkundemuseum Bamberg, Fleischstr. 2, 96047 Bamberg, Telefon: 0951 – 863 1249, Fax: 0951 – 863 1250 Email: info@naturkundemuseum-bamberg.de
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23. Oktober 2018 - 6.620
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