Wie Phoenix aus der Asche

Ausstellung mit besonderen Stücken der vor 200 Jahren wiedererstandenen Bibliothek des Domkapitels

ERLESEN - Ausstellungsplakat

Titelbild - "Erlesen - 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels Bamberg"

"Erlesen": Gebetbuch Thomas Morus

„Erlesen – 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels Bamberg“ nennt sich die Ausstellung zum Jubiläum einer außergewöhnlichen Sammlung historischer Drucke und Bücher aus Wissenschaft, Theologie und kirchlichem Alltag. Zu sehen sind die erlesenen Stücke ab dem 2. Juli bis 13. September 2022 im Diözesanmuseum Bamberg neben dem Dom.

Bamberg. Bei einer kirchlichen Bibliothek, die ihr 200jähriges Jubiläum feiert, mag man im ersten Moment zur Unterschätzung neigen. Zumindest könnte man meinen, dass dort nur neueres Schriftgut lagert oder das, was bei der Säkularisation 1803 vom Wagen fiel.

Doch die 1822 gegründete Bibliothek des Metropolitankapitels ist eine wieder erstandene Bibliothek, die ihrer Vorgängerin, der von Kaiser Heinrich II. gestifteten Dombibliothek durchaus zur Ehre gereicht. Die Ausstellung anlässlich des 200jährigen Jubiläums lenkt den Blick auf erlesene Stücke und solche, die durch ihre Herkunft und Geschichte zu besonderen Zeitzeugen und Kostbarkeiten wurden. So finden wir zahlreiche Wiegendrucke des ausgehenden Mittelalters, die im Nachhinein in der Tradition mittelalterlicher Skriptorien von Hand verziert wurden oder großformatige Messbücher, deren abgegriffene Seiten mit Randnotizen von intensivem langjährigen Gebrauch künden. Über die Nutzung von Büchern geben auch die längst vergessene Spezies der Kettenbücher oder Beutelbücher Auskunft. Persönliche Bücher wie Gebetbücher haben auf vielen Wegen in die Sammlung gefunden, das spektakulärste Beispiel ist das Stundenbuch des heiligen Thomas Morus. „Für dieses wohl einzige Gebetsbuch, in dem sich der englische Lordkanzler als Taufpate eingetragen hat, sind nun die Namen einiger Vorbesitzer, bekannt, was zeigt, wie wichtig Menschen sind die Kulturgut bewahren“, betont Carola Marie Schmidt, die Leiterin des Diözesanmuseums Bamberg.

Dem universalgelehrten Büchersammler und Bamberger Dominikanerpater Pius Brunnquell ist es zu verdanken, dass die in Staatsbesitz übergegangene Dombibliothek durch seine Stiftung 1822 einen Neuanfang fand. Viele weitere Nachlässe von Geistlichen, aus Klöstern und aus der Bürgerschaft vom 19. Jahrhundert bis heute haben die Bibliothek des Metropolitankapitels zu einer bedeutenden Forschungsbibliothek anwachsen lassen, die auch öffentlich zugänglich ist. Ihr Bestand spiegelt das breite Bildungsspektrum des Klerus seit der frühen Neuzeit mit vielen naturwissenschaftlichen oder humanistischen Traktaten. Das Konvolut der Missale, Graduale und Rituale bietet einen reichen Fundus zu Liturgie-, Musik- und Kirchengeschichte. Weitgehend unbearbeitet sind auch Publikationen aus der Zeit des Nationalsozialismus, von denen die Ausstellung Beispiele zu Widerstand und Zensur zeigt, aber auch das Mitläufertum nicht verschweigt.

Bei einer Präsentation wie dieser gibt die Ausstellung auch Auskunft zur oft sehr spannenden Herkunft der Bücher. „Besonders interessant werden manche Werke, weil sie schon durch mehrere Hände oder Institutionen gegangen sind, weil Vorbesitzer persönliche Bemerkungen eingefügt haben oder Widmungen an bestimmte Persönlichkeiten enthalten sind, nicht zuletzt auch durch oft kunstvoll gestaltete Einbände“, so die Bibliotheksleiterin Maria Kunzelmann. Daher fehlen auch nicht diverse Exlibris und kuriose Fundstücke, die unter klassischen Umständen wohl nicht den Weg in eine Bibliothek gefunden hätten - wie ein Souvenirkästchen für Jordanwasser in Buchform.

Seit fast 35 verdienstvollen Jahren wird diese Sammlung von Maria Kunzelmann und ihrem Team erfasst, bewahrt und vermehrt. In Zusammenarbeit mit der neuen Museumsleiterin Carola Marie Schmidt, die nach 2 Pandemiejahren nun ihre erste Ausstellung im neuen Sonderausstellungsbereich des Museums eröffnen darf, entstand eine erlesene Zusammenschau sehenswerter Manuskripte, Drucke und Bücher.

Die Bibliothek des Metropolitankapitels Bamberg mit ihrem Bestand von rund 200.000 Bänden ist heute nicht nur für die Versorgung des Kapitels und des Erzbischöflichen Ordinariates zuständig, sondern als Forschungsbibliothek online und im Lesesaal viel genutzt. Zusammen mit der Bibliothek des Priesterseminars nimmt sie die Funktion der Diözesanbibliothek ein. Beide Bibliotheken kooperieren eng mit der Staatsbibliothek Bamberg und der Universitätsbibliothek, wobei ein Großteil des Bestands online über den sogenannten „Bamberger Katalog“ der Universität abrufbar ist. Sammelschwerpunkte sind theologische Grundlagenliteratur, sakrale Kunst und Kunstgeschichte sowie Kirchen- und Regionalgeschichte.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: „Erlesen. 200 Jahre Bibliothek des Metropolitankapitels“, hrsg. von Birgit Kastner, Maria Kunzelmann und Carola Marie Schmidt. Regensburg: Schnell & Steiner 2022. (Veröffentlichungen des Diözesanmuseums Bamberg 31). ISBN 978-3-7954-3772-5. Die begleitende Vortragsreihe startet am 12. Juli um 17 Uhr im Diözesanmuseum Bamberg, Domplatz 5, links neben dem Dom. Mehr Informationen unter https://dioezesanmuseum-bamberg.de.

Fotos: Erlesen-Titelmotiv (Foto: Peter Eberts Bamberg) Gebetbuch des Hl. Thomas Morus (Foto Gerald Raab Bamberg)

Ansprechpartner
Dr. Birgit Kastner, Ordinariatsrätin | Hauptabteilungsleiterin
Maria Kunzelmann, Leiterin der Bibliothek des Metropolitankapitels
Mag. Carola Marie Schmidt, Leiterin des Diözesanmuseums
HA V Kunst und Kultur | Erzbischöfliches Ordinariat Bamberg | Domplatz 5 | 96049 Bamberg
Tel.: +49 951 502-2502
dioezesanmuseum@erzbistum-bamberg.de | maria.kunzelmann@erzbistum-bamberg.de

Datum - Zeichen

29. Juni 2022 - 5.884

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